
Unser ... mein tägliches Brot ... Teil 3
Drei Brote und ein Todesfall ...

Am Tage 5 des Experiments eilte ich, früh und noch verschlafen, zuerst um nach dem Wohlbefinden der beiden Sauerteigansätze zu schauen.
Sie sind gewachsen und gleichzeitig etwas in sich zusammen gefallen. Alles in Ordnung. Das ist normal, habe ich gelesen.
Bis zur Fütterung dieser ›Raubtiere‹ war noch paar Stunden Zeit.
Bis jetzt gelangen mir andere Brote auf Hefebasis hervorragend. Manche wurden sogar im geschlossenem Topf – als ein ›geschlossenes System im Ofen‹ simulierend gebacken. Ich hatte vor an dem Tag mein erstes Sauerteigbrot zu backen…
Ich überlegte, ob ich den älteren, den ›triebhafteren‹ von den beiden Ansätzen verwenden sollte.
Oder der ›Jugend‹ den Vortritt lassen sollte. Mit welchem bekomme ich besseres Ergebnis?
Doch mittags entschied sich das von selbst …
Es war Zeit nach den Ansätzen zu schauen, um zu entscheiden, welcher jetzt verbacken werden sollte und welcher im Kühlschrank auf seinen Einsatz warten kann. Doch bei der Sichtung stellte ich fest, dass der reifere Ansatz eine weißliche Schimmelhaut gebildet hatte … Entsetzt und traurig gab ich dem Ansatz im Klobecken den Todesstoß …
Insofern hat die ›Jugend‹ den Zuschlag bekommen. Mehr Auswahl gab es nicht.
Vom Brotbacken an dem Tag habe ich Abstand genommen. Ich entschied mich den Ansatz noch einmal zu füttern, um dem mehr Treibkraft zu geben. In der Nacht träumte ich, dass der gespülte Sauerteig inzwischen weiter gewuchert wäre. Er stieg, als ein monströser Teig aus der Schüssel … Umarmte mich und behauptete, es sei mein Sohn. Diese Nacht verkniff ich mir auf die Toilette zu gehen …
Neuer Tag, neuer Versuch.
Die ›Jugend‹ war inzwischen gereift. Der Sauerteig ist gewachsen, roch angenehm leicht säuerlich nach Buttermilch und hatte eine cremige Konsistenz mit vielen Luftbläschen. Perfekt!!
Ich entschied mich für ein reines Roggenvollkornbrot. Zur Sicherheit gab ich noch 10 Gramm Hefe dazu. Der schwere und matschige Teig füllte ich in eine lange Backform ein, strich ihn glatt und stellte es, laut der Empfehlung, in den nur vom Brennen des Backofenlichts gewärmten Backofen.
Nach zwei Stunden hielt die Backform dem entwickelten Teigvolumen nicht mehr stand. Der Teig aus der überschäumenden ›Jugend‹, tropfte aus der Form unverblümt auf den Boden des Ofens. Geistesgegenwärtig legte ich eine Dauerbackfolie unter und drehte die Backtemperatur hoch. Ein Gefäß mit heißem Wasser war auch noch vorgeschrieben, was dem Teig mehr Luftigkeit und … Wachstum versprach. Das war etwas kontraproduktiv.
Der Geruch des verbrannten Teiges aus dem Ofen kündigte nichts Gutes an. Nach ca. 45 Minuten bei 210°C war mein erstes Sauerteigbrot fertig! Ich holte das Brot heraus. Es war schön hoch gewachsen, hatte eine gute Kruste mit sehr dunklen überstehenden Rändern.
Das Brot aus der Form zu lösen war ein Akt für sich.
Die Ränder der Brotkrumme krallten sich förmlich in die Form. Sie wickelten sich buchstäblich um den Rand der Form, als wenn sie sich die ewige Treue versprochen hätten. Unzertrennlich wie siamesische Zwillinge.
Also gut. Als Tochter eines Ingenieurs und handwerklich begabt, griff ich nach Schutzbrille, Hammer und stabilem Messer als Meisel, und startete die Befreiungsaktion. Es wurde laut. Die krossen verbrannten Teigreste spritzen überall hin, wobei die heiße Backform auf der glatten Küchentheke Ballett tanzte.
Endlich! Ich löste die klammernde Umarmung und ein goldbrauner Brotlaib schlüpfte aus der Form. Perfekt geformt, dampfend und nach Kümmel, Anis und Fenchel duftend. Es war vollbracht.
Mitten in der Nacht schnitt ich ungeduldig das abgekühlte Prachtstück an. Ich schmierte eine frische gesalzene Butter drauf und genoss in der Stille der ›verwüsteten‹ Küche mein Brot.
Es war, als wäre es das Brot, das ich als Kind vom Bäcker holte… Nur, dass mich keiner rügte...



